Haushaltsrede 2017

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Es gilt das gesprochene Wort – wie üblich ganz ohne Tippfehler!

Bund, Länder und Kommunen verbuchen Rekordeinnahmen!
So lauteten  am vergangenen Freitag Pressemeldungen.

In Kenntnis der Finanzsituation hier in Rhede und der Not vieler anderer Kommunen, glaubt man sich verlesen zu haben. Denn unsere Realität ist: Wir bekommen vom Land erstmalig keine Schlüsselzuweisungen mehr und sind sozusagen auf uns selber angewiesen.
Verrückte Welt, aber da nutzt kein Schimpfen auf die aktuelle Landes- oder Bundesregierung. Wir müssen mit der Situation zurechtkommen und uns auf das besinnen, was wir hier vor Ort beeinflussen können.

Bevor ich tiefer einsteige, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken beim Kämmerer und seinen Mitarbeitern für das Aufstellen des Haushaltes und die Unterstützung bei der Beratung.

Anlässlich von Haushaltsberatungen mache ich gerne einen Blick zurück in vergangene Jahre, um die aktuelle Finanzsituation besser zu verstehen und um sie in einen Zusammenhang einordnen zu können.
Ich werde ihnen nun anhand von unseren Leitfragen die Position der grünen Fraktion erläutern:

  1. Wie steht es um die städtischen Finanzen?
  2. Lassen sich weitere Einsparungen realisieren?
  3. Kann die bisher gewohnte Qualität unserer Stadt erhalten bleiben?
  4. Stellen wir uns angemessen den Zukunftsaufgaben?
  5. Wer zahlt unsere Schulden?

 

Zu 1. Wie steht es um die städtischen Finanzen?

Die Verwaltung hatte uns 2015  einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der das Thema „Generationengerechtigkeit“ in den Mittelpunkt stellte.
Sie wies mit ihrem Entwurf seinerzeit nach, dass der angestrebte Haushaltsausgleich ab dem Jahr 2018 möglich sei, wenn man den Grundsteuerhebesatz auf 800%  anheben würde.
Auf der damaligen Klausurtagung in Dingden wurde als absolutes Minimum, unter Einbeziehung aller harten Einsparbemühungen (z.B. Aufkündigung Musikschule), eine Grundsteuerquote B von 690% errechnet.
Wie allgemein bekannt, entschied sich seinerzeit eine Mehrheit im Rat gegen die Mathematik und für einen politischen Hebesatz von 625%.
Logischerweise resultierte daraus ein Defizit und an diesem krankt seitdem unser Haushalt. Das bedeutet konkret:

  • Die Verschuldung steigt rasant.
  • Der Eigenkapitalverzehr geht ungebremst weiter.
  • Der Substanzverlust des Anlagevermögens wird nicht einmal zur Hälfte ausgeglichen.

Der Kämmerer schätzt die Lage mit seinen vorsichtigen Worten als „besorgniserregend“ ein.
Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

2. Lassen sich weitere Einsparungen realisieren?

Ja ist möglich, ist aber nicht unbedingt erwünscht.
Eine Verkleinerung des Rates, wie von uns schon 2013 vorgeschlagen, hätte in der laufenden Legislaturperiode ca. 100.000 € eingespart. Wir haben es jetzt noch einmal probiert. Erneut wurde es von einer großen Mehrheit abgelehnt.
Schade! Aus unserer Sicht war das die einzige verbliebene Möglichkeit, wie man ohne Qualitätsverlust noch hätte einsparen können.

Die Verwaltung schlägt uns vor, den Haushalt einer systematischen Überprüfung durch außenstehende Fachleute zu unterziehen, um weitere Einsparpotenziale zu finden.
Diese sogenannte „Produktenkritik“, also die systematische Überprüfung des Leistungsangebotes der städtischen Verwaltung, geschieht schon regelmäßig durch die Mitarbeiter.
Eine Überprüfung durch Externe sehen wir grundsätzlich positiv, aber wir bezweifeln, ob man aus einer „ausgequetschten Zitrone“ noch die Kosten für diese Beratung erwirtschaften kann.

Nebenbei bemerkt:
Ich bin mir sehr sicher, eine Verkleinerung des Rates wäre eine der ersten Vorschläge, die externe Experten machen würden.

3. Kann die bisher gewohnte Qualität unserer Stadt erhalten bleiben?

Die Verwaltung erbringt ein vielfältiges Leistungsangebot, das vom Bürger nachgefragt und auch erwartet wird. Für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt wird einiges getan. Dazu einige Beispiele:

  • Das Schulzentrum wird mit großem Aufwand saniert.
  • Eine neue Kindertagesstätte wird errichtet.
  • Die Innenstadtentwicklung wird vorangetrieben.
  • Die zukünftige medizinische Versorgung wird unterstützt.
  • Neue Gewerbegebiete werden entwickelt.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen.
Alle Maßnahmen geschehen für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt und für die nächste Generation von Rheder Bürgern. Aber zur Redlichkeit gehört es, den Bürgern die Wahrheit zu sagen:

  • Zukunft gib es nicht zum Nulltarif!
  • Qualität hat einen Preis!

So wie der Haushalt verabschiedet werden soll, ist die Qualität nicht zu halten. Insbesondere der Fachbereich 30, Bau und Ordnung, ist deutlich unterfinanziert. Man merkt es an der nachlassenden Qualität unserer Straßen. Der Substanzverlust ist offensichtlich.
Bei Sanierungen, wie z.B. im Schulzentrum, erkaufen wir uns die Qualität mit Krediten.
Bezahlen müssen das die nächsten Generationen.

4. Stellen wir uns angemessen den Zukunftsaufgaben?

Zum Teil, muss die Antwort wohl lauten.
Ja, die oben genannten Projekte werden angegangen.
Aber was ist mit diesen Themen:

  • Umsetzung Klimaschutzkonzept
  • Veränderung der Nahmobilität
  • Klimaschutz in der Bauleitplanung
  • Leerstandskataster als Planungsgrundlage
  • Müllvermeidung
  • Förderung des Ehrenamtes

Unsere Anträge zu obigen Themen wurden z.T. offensichtlich nicht verstanden, aber allesamt geradezu abgeschmettert.

Schade! Es hätte uns weiterbringen können.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen, wird im Fortgang dieser Sitzung noch folgen.

Ich meine die aus unserer Sicht unnötige Erweiterung des Gewerbegebietes G9 in südlicher Richtung.
Mehr als 10.000qm Mischwald sollen gerodet und in Gewerbefläche umgewandelt werden, obwohl es zu diesen Planungen ortsnahe Alternativen gibt.

Wir werden diesem Ansinnen nicht zustimmen!

5.  Wer zahlt unsere Schulden?

Der Begriff „Generationengerechtigkeit“, ein Kernbegriff des Kämmerers im Haushaltsentwurf  2015, wurde ihm quasi um die Ohren gehauen.
Dabei ist es doch geradezu eine Selbstverständlichkeit für einen verantwortungsvoll handelnden Kämmerer, dass er so plant, dass man nicht nachfolgenden Generationen die Reparatur der von uns genutzten Infrastruktur überlässt.

Selbst die aktuell von ihm geplante Ministeuererhöhung von 3% hat keine Chance umgesetzt zu werden.
Mit uns gibt es keine Steuererhöhung!“ tönt Herrn Bölting im Wahlkampfmodus.
Auch die SPD stimmt gegen eine Grundsteuererhöhung. Ihr geht es um die Gerechtigkeit.

Wir fragen:

  • Was ist gerecht daran auf „Pump“ zu leben und die Rechnung den nachfolgenden Generationen zu überlassen?
  • Wie gedenken sie den Verfall unserer Infrastruktur aufzuhalten?
  • Wäre es nicht fair und angemessen, die Nutzer der Infrastruktur auch an der Erhaltung derselben zu beteiligen?
  • Was bieten sie der nächsten Generation an, außer unsere Schulden zu bezahlen?

Die Steuern zu erhöhen ist äußerst unpopulär, erst recht in einem Wahljahr.
Ich weiß, wir machen uns angreifbar und es wird uns Sympathie kosten, aber wir halten aus o.g. Gründen sowohl eine Anhebung der Grundsteuer, als auch der Gewerbesteuer für angemessen.

Lediglich die Schulden zu erhöhen und keine Perspektive zu deren Abtragung zu entwerfen, halten wir hingegen für verantwortungslos gegenüber der nachfolgenden Generation.
Die Devise, nach der gehandelt wird, scheint zu lauten:
Nach uns die Sintflut!
Womit sich der Kreis des Verweigerns, wie beim Thema Klimaschutz, wieder schließt.

Dem Haushalt 2017 können und werden wir nicht zustimmen.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit!
Reinhold Störkmann

Verwandte Artikel