Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Ja es gibt sie noch, eine Welt neben Corona.
Die Vorstellung des Haushaltes und seine Beratung haben stattgefunden.
Unser Dank gilt dem Kämmerer und seiner Mannschaft, die auch in widrigen Zeiten ihre Pflicht erfüllt haben.
Jetzt gilt es den vorgelegten Haushalt zu beschließen.
Wir haben uns auf kurze Haushaltsreden verständigt. Daher verzichte ich auf erläuternde Formulierungen und nehme in Kauf, dass einiges eher verkürzt und holzschnittartig daherkommt. Ich bitte um Verständnis!
Erfreulicherweise konnte das Haushaltsjahr 2020 entgegen Befürchtungen, u.a. dank Hilfen von Bund und Land mit einem überschaubaren Defizit abgeschlossen werden. Der Haushaltspläne für 2021 und für die Folgejahre sind, soweit das in diesen unsicheren Zeiten möglich ist, seriös geplant.
Aus unserer Sicht bestimmen die bereits bekannten und die noch nicht bezifferbaren Risiken die zukünftigen Haushalte:
- der Corona bedingte Ausfall von Steuern und Zuweisungen,
- der noch nicht absehbare Finanzbedarf für die Sanierung der Gesa,
- die Kosten für die neue Overberggrundschule am Schulzentrum,
- der Finanzbedarf für Erhalt bzw. Sanierung von Infrastruktur,
- die unzureichenden Pensionsrückstellungen.
Zum Thema Verschuldung hat sich unsere Position nicht geändert. Wir halten eine höhere Verschuldung für Investitionen in Infrastruktur, die auch von künftigen Generationen genutzt und mitgezahlt wird, für vertretbar. Mit Sanierungen zu warten bis Zinsen wieder ein höheres Niveau erreichen, erscheint uns nicht als ein sinnvolles Handeln.
Allerdings halten wir es für äußerst fragwürdig Corona Sonderlasten über 50 Jahre abzuschreiben. Das ist eben so wenig generationengerecht, wie das Begeben einer 100-jährigen Anleihe, was die Landesregierung Anfang Januar machte.
Dennoch werden wir dem Haushalt in der vorgelegten Form zustimmen.
Momentan befinden wir uns in einem gewissen Schwebezustand.
Das Stadtentwicklungskonzept STEK, einschließlich des Mobilitätskonzeptes, das Update für das Zukunftsprogramm Rhede, die Fragen rund um Radschnellweg und Bahnreaktivierung sind nicht abschließend geklärt.
Wir verzichteten daher auf Anträge, diskutierten stattdessen intern die zentralen Zukunftsaufgaben, an deren Lösung wir mitarbeiten wollen.
Die Ergebnisse dieses Prozesses möchte ich ihnen kurz vorstellen:
Beim Umgang mit der Corona Pandemie ist zu beobachten, dass die Wissenschaft in nie gekanntem Maß Einfluss auf Politik und zu treffende Entscheidungen hat.
Man stelle sich vor, eine derartige Akzeptanz von Wissenschaft gäbe es auch beim Thema Klimawandel.
Leider wird die Wissenschaft bei diesem Thema wenig ernst genommen.
Denn Tatsache ist,
- dass die Fakten zum Klimawandel seit ca. 50 Jahren bekannt sind,
- dass sich trotz dieser Erkenntnisse die gesamte menschengemachte CO2 Menge noch in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt hat,
- dass die Hunger- und Wasserkrisen zunehmen,
- dass sich die Gesundheitsrisiken durch steigende Temperaturen und Hitzewellen vergrößern,
- dass Schädlinge und Krankheitserreger sich verbreiten,
- dass ein dramatischer Verlust an Biodiversität durch begrenzte Anpassungsfähigkeit und -geschwindigkeit von Flora und Fauna registriert wird,
- dass die wirtschaftlichen Folgen für die Beseitigung der Klimafolgeschäden wachsen,
- dass Bereiche, wie z.B. Land- und Forstwirtschaft, Energiewirtschaft, Infrastruktur, Tourismus, usw. zu erheblichen Anpassungsleistungen gezwungen sind,
- dass es keinen Impfstoff gegen Folgen des Klimawandels geben wird, sondern nur couragiertes Handeln!
- Tatsache ist, dass wir zwar den Klimawandel nicht aufhalten können. Aber wir können und müssen unseren bescheidenen Anteil zur Lösung des Problems beisteuern.
Daher sind wir der Überzeugung, dass ein „Weiter so“ nicht mehr ausreicht, um die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen zu sichern.
Allerorten nehmen junge Menschen die ältere Generation mit und machen unmissverständlich klar, dass es nicht nur um ein bisschen mehr „grün“ geht, sondern um eine grundsätzlich andere Politik!
Das bedeutet aus unserer Sicht für Rhede konkret:
- Klimaschutz muss kommunale Pflichtaufgabe werden.
- Unser Wärmebedarf wird zunehmend aus erneuerbaren Energiequellen der Region gedeckt werden.
- Die umzusetzende Wärmewende wird begleitet von den Stadtwerken und dem Handwerk der Region.
- Begrünung von Dachflächen und Fassaden, Regenwassernutzung, Solarthermie und Photovoltaik werden kommunaler Standard.
- Die Inanspruchnahme von Fläche muss strengen ökologischen Vorgaben unterliegen.
- Eine weitere Versieglung von Flächen ist zu vermeiden.
- Die Gewerbegebietsentwicklung vollzieht sich im Einklang mit maßvollem Flächenverbrauch und setzt innovative ökologische Lösungen voraus.
- Baulückenschließung geht vor Baugebietsentwicklung.
- Wir brauchen innerorts einen Vorrang für Rad- und Fußverkehr.
- Der motorisierte Individualverkehr wird in der Innenstadt zum Gast.
- Der Bereich um die Gudulakirche wird autofrei und erhält eine hohe Aufenthaltsqualität.
- Die Münsterstraße wird ab Kreisel Passkamp bis Ecke Schlossstraße zur Radfahrstraße.
- An der Südstraße entsteht ein Mobilitätszentrum.
- Der Radschnellweg und eine Bahnverbindung nach Münster sind wichtige Bestandteile einer Verkehrswende.
- Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge wie das Hallenbad sind zu sichern und modernisieren.
- Der Förderung der ökologischen Landwirtschaft gilt besondere Aufmerksamkeit. Bürger*innen müssen die Möglichkeit haben, in der Außerhausverpflegung und in der Gastronomie ökologisch erzeugte Lebensmittel wählen zu können.
- Stadt und kommunale Wirtschaft sind Partner in der nachhaltigen Entwicklung des Gemeinwesens Rhede.
Sie sehen, wir haben einiges auf dem Aufgabenzettel.
Wir freuen uns auf lebhafte Diskussionen zu obigen Themen und sind bereit zum Wohle unserer Kommune diesen nötigen Anpassungsprozess aktiv zu begleiten.
Ein Gedanke zum Schluss:
In diesen Corona Zeiten wird insbesondere den jungen Menschen viel abverlangt, um Rücksicht auf ältere Menschen zu nehmen. Wir Ältere könnten uns revanchieren, indem wir die Jüngeren bei ihrem Kernanliegen dem Klimaschutz nach besten Kräften unterstützen! Das wäre angewandte Generationengerechtigkeit.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!
Reinhold Störkmann
Es gilt das gesprochene Wort – wie üblich ganz ohne Tippfehler!
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